In einem Schreiben an Bundeskanzler Olaf Scholz und die gesamte Bundesregierung sowie die Fraktionsvorsitzenden der Regierungsparteien fordern die Mitglieder der Allianz pro Brückenstrompreis, beim bevorstehenden Koalitionsausschuss am 20.10.23 den Beschluss über einen zeitlich begrenzten Brückenstrompreis zu treffen.
Die Allianz verweist in ihrem Schreiben auf die „immer dramatischer werdende wirtschaftliche Lage der energieintensiven Industrien in Deutschland“. Die seit Monaten ergebnislose Debatte über einen zeitlich befristeten Brückenstrompreis habe längst schwerwiegende Folgen für energieintensive Unternehmen. „Die bereits zu beobachtende massive Drosselung hiesiger Produktion gefährdet akut Arbeitsplätze und Standorte“.
Die Bundesregierung müsse jetzt den Brückenstrompreis auf den Weg bringen. Dieser müsse ab 2024 gelten und einen festen Empfängerkreis umfassen, der auch mittelständische Unternehmen beinhalte. Außerdem bedürfe es der Senkung der Stromsteuer für alle Verbraucher*innen sowie des Erhalts des Spitzenausgleichs.
Ohne dieses Signal drohe der ebenso einmalige wie unwiederbringliche Verlust industrieller Leistungsfähigkeit. Damit würden auch Chancen vertan, Technologien für das Erreichen der Klimaziele gerade dort zu entwickeln, wo sie besonders wirksam wären: Bei den energieintensiven Grundstoffindustrien am Standort Deutschland.
Das Schreiben ist unterzeichnet von:
- Gerd Röders, Präsident, Wirtschaftsvereinigung Metalle e.V.
- Yasmin Fahimi, Vorsitzende Deutscher Gewerkschaftsbund
- Dr. Dominik von Achten, Präsident, Bundesverband Baustoffe - Steine & Erden e.V.
- Dr. Frank Heinricht, Präsident, Bundesverband Glasindustrie e.V.
- Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender, IG Metall
- Bernhard Osburg, Präsident, Wirtschaftsvereinigung Stahl
- Winfried Schaur, Präsident, Die Papierindustrie e.V.
- Markus Steilemann, Präsident, Verband der Chemischen Industrie e.V. – VCI
- Michael Vassiliadis, Vorsitzender, IG Bergbau, Chemie, Energie
Zitate:
Jörg Hofmann – Erster Vorsitzender IG Metall:
Die Entscheidung für die befristete Entlastung energieintensiver Industrien ist überfällig. Gerade sie müssen ihren Beitrag zur Transformation in eine klimaneutrale Wirtschaft leisten. Gerade sie müssen dafür schnell und massiv investieren. Und gerade diese Investitionen werden durch aktuell nicht wettbewerbsfähige und mittelfristig unkalkulierbare Strompreise verhindert.
Markus Steilemann, Präsident des Verbandes der Chemischen Industrie:
Lange können unsere energieintensiven Unternehmen mit existenzgefährdend hohen Energiekosten am Standort Deutschland nicht mehr weitermachen. Wir brauchen jetzt endlich wirksame Erste-Hilfe, um im globalen Wettbewerb zu bestehen und weiter in die klimaneutrale Transformation unserer Branche investieren zu können. Der Industriestrompreis ist weder Gießkanne noch Strohfeuer – er ist eine Investition in die Zukunft des Industriestandortes Deutschland und sichert Wohlstand und Arbeitsplätze.
Gerd Röders, Präsident, Wirtschaftsvereinigung Metalle:
Die Nichteisen-Metallindustrie befindet sich aufgrund der hohen Strompreise in einer äußerst schwierigen Situation: Einige Unternehmen mussten bereits ihre Produktion stark drosseln bzw. ganz einstellen. Die Politik muss rasch vom Diskutieren ins Handeln kommen. Wir brauchen einen Brückenstrompreis, um Wertschöpfung und Arbeitsplätze langfristig im Land zu halten und um eine noch stärkere Abhängigkeit von Grundstoffen aus Staaten wie China zu verhindern.
Michael Vassiliadis, Vorsitzender, IG Bergbau, Chemie, Energie:
Die Energiepreiskrise ist nicht vorbei, sie erfordert schnelles Handeln. Mit der Einführung des Brückenstrompreises würden sich die Rahmenbedingungen für industrielle Produktion und für Zukunftsinvestitionen in die Transformation schlagartig und nachhaltig verbessern, und der Standort Deutschland käme international wieder in die Vorhand. Ein zeitlich befristeter Strompreisdeckel für die energieintensive Industrie ist nichts anderes als eine Investition in die Zukunft des Landes, schlicht gut angelegtes Geld.
Dr. Frank Heinricht, Präsident, Bundesverband Glasindustrie:
Die Glasindustrie will bis zum Jahr 2045 klimaneutral produzieren. Um dieses Ziel zu erreichen, werden wir jedoch mindestens viermal so viel Strom benötigen wie heute. Denn Strom ist sowohl die Basis für die Elektrifizierung von Teilprozessen in der Glasproduktion als auch für die Herstellung von Wasserstoff durch Elektrolyse. Bis genügend Grünstrom zu wettbewerbsfähigen Bedingungen zur Verfügung steht, brauchen wir einen Brückenstrompreis, um weiterhin wettbewerbsfähig am Standort Deutschland – dem größten der Glasindustrie in Europa – produzieren zu können.
Winfried Schaur, Präsident Die Papierindustrie:
Die Entscheidung Pro-Brückenstrompreis muss jetzt gefällt werden. Wenn Unternehmen am Standort Deutschland nicht mehr wirtschaftlich operieren können, wird mehr Produktion dort stattfinden, wo es günstiger ist. Zumindest würden künftige Investitionsentscheidungen gegen den Standort Deutschland fallen – mit allen Konsequenzen für Beschäftigung und Wertschöpfung. Darüber muss sich die Bundesregierung im Klaren sein.
Yasmin Fahimi, Vorsitzende Deutscher Gewerkschaftsbund:
Die Koalition muss jetzt beweisen, dass sie es ernst meint mit der Transformation am Standort Deutschland. Mit Blick auf das hohe Strompreisniveau und die schwierige Lage der Energieintensiven können wir uns keine Hinhaltemanöver mehr leisten. Wir brauchen endlich eine Absicherung der Strompreise für alle Verbraucher und gerade auch in Form eines Brückenstrompreises für die energieintensiven Industrien. Es liegen gute Konzepte auf dem Tisch, die Beschäftigung absichern und die Transformation befördern. Wir erwarten jetzt die Umsetzung.
Dr. Matthias Frederichs, Hauptgeschäftsführer Bundesverband Baustoffe - Steine & Erden:
Nach monatelangen Debatten über die hohen Energiekosten muss der Koalitionsausschuss jetzt eine Entscheidung treffen. Eine weitere Verschärfung der Krisenlage in den energieintensiven Grundstoffindustrien gilt es zu verhindern. Die notwendigen Maßnahmen liegen auf dem Tisch: Eine Beibehaltung des Stromsteuer-Spitzenausgleichs, die Stabilisierung der Netzentgelte sowie ein zeitlich befristeter Brückenstrompreis.
Bernhard Osburg, Präsident Wirtschaftsvereinigung Stahl:
Die hohen Stromkosten bringen immer mehr Unternehmen der Stahlindustrie in eine schwierige Lage mit Produktionsunterbrechungen und Kurzarbeit. Und das zu einer Zeit, in der die Betriebe mit aller Kraft ihre Dekarbonisierung angehen, um damit ein Drittel der industriellen Emissionen in Deutschland einzusparen. Deshalb brauchen wir jetzt dringend einen Brückenstromstrompreis, der die Unternehmen spürbar entlastet, bis ausreichend erneuerbare Energien bezahlbar zur Verfügung stehen. Wenn die Politik nicht umgehend handelt, kann es für manche Betriebe bald zu spät sein.